Geschichte der Mühle

Der Mühlenstandort in Lychen hat eine lange Geschichte. Vor fast 750 Jahren soll es zwischen der heutigen Staben- und der Stargarder Straße  erstmals eine Wassermühle gegeben haben. Nach Bränden immer wieder neu errichtet, wurde die Getreidemühle von Lychen Ende des 19. Jahrhunderts zur Industriemühle ausgebaut und spielte bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt eine große Rolle. 1992 wurde hier das letzte Mehl gemahlen. Ein Kapitel der Geschichte war damit zu Ende. Aber ein neues sollte ein paar Jahre später beginnen.

Im Mittelalter

Bereits im 13. Jahrhundert wird die Lychener Stadtmühle erwähnt, sie soll die älteste urkundlich belegte Wassermühle im Templiner Bereich gewesen sein. Wie Stadtchronist Eberhard Kaulich in seiner Veröffentlichung „Wasser auf die Mühle“ (2014) feststellt, lagen die Mühlen früher ausnahmslos außerhalb der Stadttore. Denn die Müller – genauso wie die Scharfrichter, Bader, Nachtwächter und Schäfer – zählten zu den „unehrlichen“ Berufen. Weil sie beim Mahlen des Getreides oft Mehl für sich abgezweigt haben sollen. Nicht selten sollen die unehrlichen Müller übrigens auch Bordelle betrieben haben. Ob das allerdings auch in Lychen der Fall war, ist ebenso wenig überliefert wie Fakten über die Rechtschaffenheit des damaligen Lychener Müllers.

Mühlenneubau im 19. Jahrhundert

Im Jahr 1808 brannte die Stadtmühle ab. Das war laut Eberhard Kaulich ein hölzerner Fachwerkbau, der tiefer und etwas zurückgesetzt zur Stargarder Straße stand – also etwa auf dem Niveau, auf dem sich heute der Flügel mit Mühlenwirtschaft und Kaffeemühle befindet. Der Neubau erfolgte als Backsteingebäude entlang der Straße. Der alte Weg entlang des Mühlenbachs verschwand dabei, stattdessen musste der Müller einen neuen Gang anlegen – der als „Müllergang“ seit 2014 wieder begehbar ist.

Der Mühlenbach

Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Mühlenbach verbreitert, um Getreide und Mehl mit Kähnen vom Nesselpfuhl aus transportieren zu können. Noch heute erinnert daran eine Platte in der Uferbefestigung mit der Inschrift: „Heute wurde dieser von mir erbaute Schifffahrtskanal durch den Schiffer Carl Kunowski aus Himmelpfort eröffnet. Lychen, den 23. Oktober 1893. Ed. Scherz“. Gegenüber der Stelle, an der sich diese Tafel befindet, befindet sich eine Anlegestelle für Wassersportler und der Beginn der Bootspassage, die mit einem Rollenweg quer durch das Mühlengebäude führt.

1992 war Schluss mit Mahlen

Der damalige Mühlenbesitzer Paul Scherz rüstete die Wassermühle 1902 auf Dampfbetrieb um und nach 1911 auf den Betrieb mit Strom. Der überflüssig gewordene hohe Schornstein, der auf Fotos aus dieser Zeit zu sehen ist, wurde 1936 abgetragen. Nach 1945 wurde die Mühle verstaatlicht und gehörte ab 1978 zum VEB Mühlenwerke Neubrandenburg. 1986 wurde die Mühle noch  saniert und ein Verwaltungsgebäude errichtet. Nach der Wende brach der Absatz ein und am 1. April 1992 endete mit der Schließung der Mühle eine fast 750-jährige Mühlengeschichte in Lychen. Die Mühlentechnik wurde ausgebaut, das Gebäude stand leer.

Suche nach einer neuen Nutzung

Es gab immer wieder verschiedene Bemühungen, das große, denkmalgeschützte Gebäude in der Ortsmitte der Flößerstadt neu zu beleben. Es gab mehrere Konzepte und Machbarkeitsstudien zur weiteren Nutzung der Mühle, die jedoch zumeist aus Kostengründen nicht umgesetzt wurden. 1999 wurden einige Gebäudeteile abgerissen, andere gesichert. Ein Jahr später wurden in der Mühle von einem privaten Initiator ein Faltbootmuseum und eine Bootsmanufaktur eröffnet. Es gab bundesweite Aufmerksamkeit. Dieses Kapitel dauerte bis 2006. In der Folgezeit wurden Überlegungen laut, das Gebäude ganz oder teilweise abzureißen.

Wasser auf die Mühle

2011 gründete sich schließlich der Verein „Wasser auf die Mühle e.V.“ und unterzeichnete zwei Jahre später einen Nutzungsvertrag mit dem Sanierungsträger der Stadt. Seither ist viel im Inneren und Äußeren des geschichtsträchtigen Gebäudes passiert. Carla Kniestedt, eine der Initiatorinnen des Vereins, hat – unterstützt von EU-Fördermitteln – in den Ausbau der einstigen Werkstatt und der Wohnung des Mühlenverwalters investiert und dort am 1. August 2015 die „Mühlenwirtschaft und Kaffeemühle“ eröffnet.